Frau Frosch, erzählen Sie mal, wie geht es denn bei Ihnen weiter?
Ihr seid aber auch neugirig, das muss man euch lassen
Miltenberg, 14. August 2025. Lesezeit ca 6 Minuten.
Meine Zukunftsgeschichte durfte ich ungelogen pro Tag auf dem Schiff bestimmt zwei mal erzählen. Und ich hab das gerne gemacht. Ehrlich gesagt habe ich es geliebt, den Gästen zu sagen wie meine Zukunft aussieht.
Ich dachte, da ich ja jetzt Profi darin bin, die „Story of my life“ zu erzählen, mach ich einfach einen fetten Artikel dazu. Hab ja sonst eh nichts besseres zu tun.
Manche fangen an „oh ja ich wollte schon immer Schauspielerin werden“ (wollte ich wirklich, war sogar mal bei einem Casting in der 5ten Klasse aber verratet es keinem ok).
War bei mir nicht so. Schocker. Wusste, was ich mal werden will, bis vor einem Jahr nicht. Und weiß es immer noch nicht so richtig.
Ich muss ehrlich gestehen, ich war eigentlich immer auf der Tourismus Schiene. Hotel hier, Gastro da, am besten Hoteltesterin, wo ich auf den Nacken der Firma auf den Malediven schwimmende Bungalows auf dem indischen Ozean „kritisch“ teste, im Endeffekt einfach Vollzeit Reiseinfluencerin werde und Millionen mache indem ich zusätzlich von Hilton Hotels eingeladen werde um in deren Panorama Deluxe Suiten zu übernachten. Oder so ähnlich irgendwie.
Praktikum im Reisebüro gemacht, weil man dort einfach mal so Angebote bekommt nach Thailand zu fliegen und Elefanten zu streicheln, nach 2 Tagen gemerkt, dass mein Rücken wehtut wenn ich die ganze Zeit auf dem Bürostuhl sitze und meine Augen quadratisch werden, wenn ich noch länger auf den Bildschirm schaue. Und braun werde ich dadurch auch nicht.
Außerdem habe ich mich ja für das tolle Abitur entschieden, das heißt ein Studium wär schon drinne gewesen, aber für Tourismusmanagement wär ich zu einem BWL Justus geworden und Brille und Aktenkoffer stehen mir nicht ganz so.
So fing der ganze Spaß an. Dann kam MeinSchiff. Und meine zwei Mädels.
Als meine Family und ich 2021 das erste Mal Wien besuchten um einen auf Touristen zu machen, sagte unser Kutschenführer (ja, wir sind mit einer Kutsche mit echten Pferden damals gefahren, shame on us) wenn Sie zum studieren hier her kommen wollen, machen Sie das. Denn hier können Sie ALLES studieren.
Schatz, ich war 15. Ich war froh wenn ich unter 3 Stunden Bildschirmzeit hatte. Aber diesen Satz habe ich (offensichtlich) nicht vergessen. Wenn ich groß rauskomme werde ich den Kutschenführer namentlich erwähnen, der mir den Weg zu meinem ersten Oscar geöffnet hat und die Startperson meiner glorreichen Karriere war. Muchas Gracias.
Zurück zu MeinSchiff. Da hab ich meine Babys kennengelernt. Emy und Kashira. Die eine hinter der Bar, die andere im KidsClub, ich im Service. Und zu dritt haben wir einfach gerockt. Und vom ersten Moment an wussten wir: who run the world? Wir natürlich.
Irgendwann meinte Kashira, yo sie hat irgendwie Lust in Wien zu studieren. Dann kamen Emy und ich auch auf die Idee, yo wir haben irgendwie auch Lust in Wien zu studieren. Dann waren wir so, yo, lass doch zusammen in Wien studieren. Und jetzt studieren wir zusammen in Wien.
Friede, Freude, Eierkuchen.
Als mich dann immer mehr fragten, wie denn meine Zukunft aussieht, habe ich so oft erzählt, dass ich nach Wien gehe (obwohl noch gar nix, wirklich gar nix feststand), dann hab ich’s irgendwann selbst geglaubt und meine Worte zu taten umgesetzt.
Wie man nur unschwer erkennen man, bin ich sehr aktiv auf Instagram, liebe es meine Storys zu posten und zu schreiben ja sowieso. Auf den großen Durchbruch meiner Influencerkarriere warte ich noch, aber das ist ein anderes Thema. Wisst ihr, ich möchte Artikel schreiben. Als Moderatorin sagen: es ist Freitag, der 13. August um 20 Uhr, ich bin Michelle Frosch und begrüße Sie zur Tagesschau. Will wissen was auf der Welt abgeht. Mein Allgemeinwissen anwenden. Irgendwann nach Ghana reisen und hoffentlich berichten, dass jedes Kind lesen und schreiben kann. Oder das Mikro an meine Kollegin in Washington weitergeben. Oder in die KI Forschung gehen - dieser kleine Racker hat so viel Potenzial, ihm muss aber auch Grenzen gesetzt werden. Oder Günther Jauch bei „Wer wird Millionär“ ablösen. Im Mittelpunkt stehen (das kann ich ja so gut). Mit meiner charmanten Art ein Publikum verzaubern. Geschichten erzählen. Menschen aufklären. Die Welt zu einem besseren Ort machen - ok, jetzt wird’s zu poetisch. Aber ihr wisst was ich meine. Ich darf ja wohl träumen.
Als ich von MeinSchiff im März wieder zu Hause war, habe ich mir sämtliche Studiengänge angeschaut, die irgendwas mit Journalismus zu tun haben. Und als ich die Beschreibung von „Publizistik und Kommunikationswissenschaft“ (viel zu langer Name wie ich finde) der Universität Wien gelesen habe, wusste ich: halleluja, der ist wie für mich gemacht. Und als das Schicksal mir einen Ohrwurm von „Vienna waits for you“ von Billy Joel eingetrichtert hat, habe ich das als Zeichen des Universums wahrgenommen und mir wurde mir bewusst: Michelle. Du. Musst. Nach. Wien.
Was stand im Weg. Erstmal nichts, denn im Land der Berge gibts keinen NC. Diese kleinen Schlawiner verlangen dafür aber einen Aufnahmetest. Hab kurz, nur ganz kurz geweint. Jetzt darf ich mich mit einer 150 Seiten Lektüre beschäftigen. Ist ok. Ich will nicht meckern.
Mein liebenswerter Test findet am 28. August statt. Am 26. gehts für mich und Emy in unsere zukünftige Heimat (das ist so verrückt: Michelle in BigVienna wer hätte das gedacht). Sie hat ebenfalls die Ehre eines Testes, genauso wie Kashira und ich.
1.134 Menschen meinesgleichen interessieren sich für den gleichen Studiengang wie ich. 970 Plätze gibt es. Bedeutet 164 Teenies muss ich ausknocken. Da ich eh damit rechne, dass mindestens 200 gar keinen Bock haben nach Wien zu fahren, geschweige denn für den Test zu lernen oder mitzuschreiben, sollte (SOLLTE HOFFENTLICH) das für mich ein leichtes Spiel sein.
Denn offensichtlich habe ich keinen Plan B. Ich setzte alles auf eine Karte. Wird schon.
Klar hatte ich mich in Wien noch wo anders beworben. Bei der Hochschule hatte ich online einen Test, bei dem die meine kognitiven Fähigkeiten testen wollten. Warum auch immer wurde ich in die nächste Runde zur persönlichen Diskussionsrunde eingeladen, konnte den aber nicht wahrnehmen, weil ich gerade irgendwo am Nordkap mit einem Luxuskutter unterwegs war und reichen Unternehmern Champagner serviert habe. Schade wars.
Zurück zur Wohnungssuche. Ich machs kurz und knakisch: wir haben uns zu dritt bei ein paar Studentenwohnheimen beworben, sind davon ausgegangen, dass es eh nichts wird. Jetzt hat jeder schon seine erste Miete inklusive Kaution gezahlt und ab ersten September können wir zusammen in ein 2025 gebautes Apartment ziehen. Zu dritt. In ein Apartment. Wo jeder sein eigenes Zimmer hat. Zimmer A Kashira, Zimmer B Michelle, Zimmer C Emy. Auf dem Dach gibts ein Basketballplatz und eine Wiese, wo Hunde hoffentlich verboten sind. Besser geht’s schon wieder gar nicht. Also ich sehe in meinem Zimmer schon eine Magnetwand und viele kleine Palmen. Woooow, ich freue mich so!
Wir halten fest, dass Michelle schon eine Wohnung hat und durch ihr Kreuzfahrtgedöns tausend Kontakte in Wien auf sie warten, der Studiengang aber immer noch auf der Kippe steht. Abwarten und Tee trinken (und dabei für den Test lernen!!!!)
Ciao Kakao von meiner Seite aus, besucht mich gerne in meiner neuen Hood (eine Matratze lässt sich sicherlich immer für euch arrangieren) und drückt mir die Daumen für meinen Test (oder killt einfach 164 meiner Mitbewerbenden).
Merci und Bis bald!
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