Alltag
gleich und anders
Wien, 09. Oktober 2025
Der Metallgeruch in der Bahn. Der warme ekelhafte Sog, wenn du an einer Ubahn-Öffnung vorbei läufst. Der Brötchenwind am Bäcker. Die vielen Lichter, die vielen Menschen die bei Regen unter ihre Regenschirme flüchten oder zielstrebig mit geneigtem Kopf ihre gestylten Haare hoffnungslos mit einer Kapuze versuchen zu schützen.
Läden an denen ich vorbei ziehe und mich frage, für was die eigentlich gut sind. Geht wirklich jemand in den Antiquitäten-Laden, der kleiner als mein 14 Quadratmeter WG-Zimmer ist? Oder irgendwelche Luxus-Möbel-Ausstellungen, die für was weiß ich gut sind. Einrichtungen und Gemeinschaftsräume, von denen Dorffutzis wie wir es einmal waren nur träumen können. Parks, in denen du dich wie in einem Labyrinth verlaufen kannst. Der eine joggt, die anderen mit ihren Hunden Gassi gehen. Cafés, die du in 3 Jahren wahrscheinlich noch nicht ausprobiert hast, weil du trotzdem immer wieder in dein Liebling zurückgehen wirst.
Oder das Restaurant, an dem du jeden Tag beim Hin- und Rückweg mit der Bahn vorbeifährst und dir denkst, da geh ich nächste Woche mal hin, du aber noch nie dort warst. Es gibt einfach zu viele, die du bei Google Maps mit einem Herzchen-Sticker makiert hast.
Noch mehr Restaurants, in denen die Menschen ausschließlich Anzug und Krawatten oder Cocktailkleider tragen. Die Einrichtung wie bei der IKEA-Küchenausstellung mit dunklen Wänden und Marmortischen ist. Wobei ich nicht mal aussehen könnte, als ob mein Geldbeutel überhaupt für ein Dinner gemacht ist. Und Cocktailkleider besitze ich auch keins.
Die riesen Gebäude, die alle irgendwann mal vor langer Zeit in Epochen nach den Dinosaurier gebaut wurden.
Die Männer mit dicken schwarzen Jacken und Mützen, die hinter den Würstl-Ständen in Bahnstationen stehen, wo ich mir selbst nichtmal beim tiefsten Hunger ein Lunch holen würde, warten, dass bei Wind und Wetter die Touristen oder Locals Bock auf einen HotDog oder Pommes haben.
Kaum schaue ich auch die Uhr, habe ich meine 10.000 Schritte schon. Das geht so schnell. Einmal zur Absbergergasse hin- und zurück gelaufen und dein Fitness-Ring ist schon geschlossen und die Apple-Watch meckert nicht mehr.
Du hast heute beim Duschen dein Shampoo leer gemacht und brauchst ein neues? Hier überlegst du nicht, was für 6 andere Sachen du noch brauchst, weil es mal wieder Zeit ist zum Rossmann zu fahren, sondern du kaufst es dir einfach. Der nächste DM ist nie weiter als 10 Minuten entfernt. Dinge die du jederzeit erledigen kannst ohne drüber nachzudenken. Das waren Sorgen von gestern.
Ich glaube wenn ich viel Geld verdienen würde, würde ich hier niemals Abend zu Hause essen. An jeder Ecke wirst du nach Asien oder Italien geschleudert. Oder wenns mal speziell sein soll auch nach Persien oder dem Libanon. Wünschtest, du könntest dir im Mephisto mit deinem Lebensgefährten ein Pornstar Martini gönnen und ohne Gedanken beim Bezahlen up to zehn Euro Trinkgeld geben, ohne dass du es dir auf deinen „Ausgaben-Zettel“ an die Pinnwand über deinem Schreibtisch hängst. Gebt mir noch 3 Jahre.
Ich wollte bei Regen noch durch Wien schlendern. Mehr oder weniger frische Luft schnappen. Es war dunkel, also konnte ich die Menschen drinne sehen, sie mich wahrscheinlich beim stalken von außen eher weniger.
Staunend sah ich den Angestellten im Hotel Impérial zu. Die die Gäste wirklich behandeln, als würden wir im 19. Jahrhundert feststecken. Die Kronleuchter an der Decke, die aus Swarovski-Steinen sein könnten. Die roten Couches, die wahrscheinlich auch im Buckingham Palace stehen. Die Hotelfachmänner, die wie Beefeater aussehen. Und das auf Ernst.
Aber auch die unangenehmen Situation: ich, total verträumt, laufe zu jemanden nach Hause, schaue mich kurz rechts in der Scheibe eines leerstehenden Gebäudes an, das mein Spiegelbild reflektiert und höre wen sagen: "Junge Dame, möchten Sie, dass ich ihre Aura heute lese?" Ich so, nö danke, passt, heute ausnahmsweise nicht.
Eine verrückte Welt. Eine andere eben. Die ganz anders ist als mein geliebtes Bürgstadt. So schnell treffen viele Welten aufeinander. Ein Park, ein s.Oliver, zehn Meter weiter ein Museum, um die Ecke ein persisches Restaurant, dann hier in Zeitungsverlag, 5 Minuten zu Fuß weiter ein Kindergarten und oh, dadrüben kannst du Basketballspielen und nebendran Drogen dealen. Aber immer schön aufpassen.
Es ist interessant. Jeden Tag entdeckt man neue Outfits, die einen inspirieren oder neue Ecken in der Stadt, die man von einem anderen Blickwinkel betrachtet. Oder beim nächsten Spaziergang mal genauer unter die Lupe nehmen will.
Es wird nie langweilig. Es wird alles mit angehoben Kopf angeschaut, weil die Bauten so imposant sind- das macht Spaß. Ist cool. Und so viel zu entdecken gibt es noch.
Also den nach Hause Weg mit der S Bahn weiß ich schon ohne Google Maps anzuflehen mich doch in mein trautes Heim zu führen. Alles geschafft, was man in den ersten Wochen schaffen muss sag ich.
Tolle Freundinnen habe ich auch schon gefunden. Alles Süßmäuse.
Heute gibt’s nh geile Feier speziell für unseren Studiengang. Mal ein bisschen das Wiener Night Life erkunden.
Stolz darf ich berichten, dass ich in meiner kurzen Zeit hier schon vier Cafés ausprobiert habe. Weitere dürften in den nächsten Wochen folgen.
Am Montag geht (endlich) offiziell die Uni mit ihren ersten Vorlesungen los, darf bei meinem neuen Job eine Probewoche machen und meine Seminare und Tutorien sind so gut wie fix.
Grüße gehen raus, Ciao Kakao, bis bald!
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